Ferdl-Review
Clown the Fallen
THE PASSING OF CREED
Label: Eigenproduktion
Länge: 50:12 (9 Tracks)
Release: 15.1.2017
Website: www.crownthefallen.com
Album kaufen: Digital und Analog
Mit ihrem ziemlich selbstproduzierten Erst-Silberling THE PASSING OF CREED hauen die Grazer “Clown the Fallen” nicht nur mächtig auf die Cubase-Kacke,
sondern beantworten auch gleich die Frage, warum sich seit Anfang der Nuller-Jahre gottseidank keine Sau mehr für Bands wie Dimmu Borgir und/oder Children of Bodom
interessiert.
Okay, eines vorweg: wir haben uns das Album nicht wirklich angehört. Ich meine, das schlägt immerhin mit 9,99,- zu Buche, was wir uns dank der neuerlichen
Bierpreiserhöhungen unmöglich leisten können. ABER: wir haben uns ein paar Songs auf YouTube reingezogen und uns, um der journalistischen Sorgfaltspflicht nachzukommen, sogar die Facebook-Seite
der Band und ein paar andere (großteils rumänische) Reviews zur Platte angeschaut.
Nun aber zum Album! Wenden wir uns hier erstmal den Texten zu, die der Shouter (laut Facebook ein Typ namens “Max Vocals”) beeindruckend facettenlos über den
“musikalischen” Unterbau speibt: inhaltlich präsentiert sich THE PASSING OF CREED als faszinierend ausuferndes Konzeptalbum, das in zahlreichen berührenden Wendungen das Seelenleben von Apollo
Creed aus den Rocky-Filmen nachzeichnet.
Vom gefeierten Las Vegas-Superboxer bis hin zum armseligen Unterhosenverkäufer in Hoboken, New Jersey, wird geschickt eine Reihe von schlüsselhaften Episoden
erzählt, die jeweils ein völlig neues Licht auf den Fighter “mit dem Herz des Tigers” werfen. Dabei wird die liebevolle - wenngleich sexuell problematische - Beziehung zu Oma Apollo (siehe
Cover-Artwork) ebenso tabulos thematisiert, wie sein angespanntes Verhältnis zu muskelaufbauenden Steroiden. Spannend!
Lediglich gegen Ende, als sich plötzlich herausstellt, dass einer von Apollo Creeds Vorfahren ein schwarzer, boxender Assassine im Konstantinopel des 13.
Jahrhunderts war und er dessen fragwürdige Erlebnisse durch eine Art Hightech-Wundermaschine nacherleben kann, verstrickt sich die Geschichte in einige Ungereimtheiten. Hier gelingt es Clown The
Fallen nicht ganz, die an sich ambitionierten ScienceFiction-Elemente glaubhaft in die biographisch intime Lebensgeschichte des Faustkämpfers zu integrieren.
Da war Apollos Welt noch in Ordnung.
Geschenkt! Dafür wird auf der musikalischen Habenseite so ziemlich alles aufgeboten, was ein durchschnittlicher Aldi-Rechner anno 2017 in Sachen Musikproduktion zu
leisten imstande ist: nicht weniger als 17(!) alte Dimmu Borgir B-Seiten wurden laut Facebookpostings der Band im wohnzimmereigenen Studio von Producer Heinzi “Eine Spur geht noch” Heinzmann auf
Albumlänge übereinandergesampelt und anschließend vom Clown the Fallen-Tastenmann (einem Typen namens “Chris Arrangements and Keyboards”) mit erdigen FisherPrice-Sounds veredelt!
So geraten Klangbild und Songwriting zu einem drallen Schaulauf halbbekannter, aber immer sehr abgeschmackter Melodien, die sich so betont hodenreich und evil
geben, dass einem beim Hören fast der Kakao sauer wird. Spätestens, wenn dann, so gegen Minute 3:00 eines jeden Songs, verlässlich ein gefühlt sechzehnminütiges Solo in die Waagschale geworfen
wird, dessen einziger Sinn - wie in guten, alten Children Of Bodom-Tagen - der handwerklich prahlerische Selbstzweck ist, sollten wohl nicht nur Genre-Fans glückselig die Flucht
ergreifen!
Fazit: THE PASSING OF CREED ist ein Album mit vielen Cubase-Spuren und - über weite Strecken - herzergreifender Story, die auch vor leiseren,
persönlicheren Tönen nicht zurückschreckt. Handwerklich so gut gemacht, wie man es bei diesen Vorbildern eben erwarten kann, bleibt hier kein Hosenbund trocken.
Unsere Wertung: 3.5 / 2 Stahlhoden
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